1) Allgemeine Fragen zum Transparenzgesetz



Das bisherige Landesinformationsfreiheitsgesetz

Seit 2008 gibt es ein Landesinformationsfreiheitsgesetz in Rheinland-Pfalz, welches dazu dient, dass Bürgerinnen und Bürger mit Gebühren verbundene Anträge auf Auskunft an Behörden und Verwaltung stellen können. Gebühren wirken oft als erfolgreiche Abschreckung. Es ist für Antragsstellende nur schwer vorhersehbar, ob und in welcher Höhe Gebühren anfallen. Zumal häufig unklar ist, welchen Mehrwert die Information für die fragende Person hat. Einer eventuell missbräuchlichen Nutzung von Daten kann auf anderer Weise entgegentreten werden. Das aufwändige Antragsverfahren stellt eine zusätzliche Hürde dar. Bis man die gewünschten Informationen bekommt, kann es über einen Monat dauern (§5 LIFG). Sollte das Dokument einen Dritten beteiligen, was meist der Fall ist, wird dieser über den Antrag informiert und kann die Herausgabe an den Antragssteller unter einer nicht näher definierten Begründung ablehnen (§7 LIFG). Geistiges Eigentum ist ein weiterer Punkt, welcher der Veröffentlichung im Wege steht, denn sobald sich solches in den Dokumenten befindet, darf es nicht mehr herausgegeben, veröffentlicht oder weiterverwendet werden. Das Betriebsgeheimnis ist ebenfalls ein nicht weiter definierter Begriff, der zur Ablehnung führen kann. Dritte können so unter Verweis auf das Betriebsgeheimnis Anträge ohne weitere Begründung ablehnen. Darüber hinaus ist die aktive Zustimmung des Dritten zur Veröffentlichung der Information notwendig, sobald das Betriebsgeheimnis angetastet werden könnte. Reagiert dieser Dritte nicht innerhalb der Frist, kommt es automatisch zu einer Ablehnung.

Bundesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit Peter Schaar formulierte es diesbezüglich passend: „Die Informationsfreiheit steht zwar im Gesetz, aber sie muss mit Leben gefüllt werden.“ Die Informationsfreiheit muss de jure so geregelt sein, dass sie umsetzbar und nicht nur in Einzelfällen anwendbar ist, de facto auch existiert. Daher sollten schon im Gesetz die Begrifflichkeiten klar geregelt sein und Dritte ein Ablehnen begründen müssen. Sollten Dritte gar nicht reagieren, sollte die Verwaltung die Informationen im eigenen Ermessen veröffentlichen dürfen. Ohnehin sollte sich die Ablehnung durch Dritte auf eine Stellungnahme beschränken, sodass ein Antrag zum Abwägungsgegenstand wird und nicht pauschal unter Vorwänden abgelehnt werden kann: Die Interessen der Veröffentlichung müssten dann die Geheimhaltungsinteressen überwiegen, damit eine Veröffentlichung oder Zugänglichmachung rechtmäßig ist. Langwierige Antragsverfahren und Erhebung von Gebühren müssen indes gänzlich überdenkt werden.

 

Das neue Transparenzgesetz soll Informationsfreiheit wirklich möglich machen

Das Landesinformationsfreiheitsgesetz ist mittlerweile in die Jahre gekommen, moderne Demokratie hat einen anderen Anspruch. Das Transparenzgesetz braucht daher einen generellen Paradigmenwechsel. Hier soll das Amtsgeheimnis weitestgehend aufgehoben und Transparenz in allen Bereichen der Exekutive (Kommune, Verwaltung, Behörden) und deren Geschehnisse, Abläufe und öffentliche Aufträge geschaffen werden. Gerade öffentliche Aufträge sind von besonderer Bedeutung, da hier Grund und Auswahl der Unternehmen und all ihrer Subunternehmen sowie die Kriterien der Auswahl, wie Preis-Leistungs-Vergleich, offen dargelegt werden sollen. Hierdurch kann jede Bürgerin und jeder Bürger überprüfen, was beispielsweise bei den Baumaßnahmen den Handwerkern bezahlt wird, ob Mindestlohn eingehalten und Versicherungen gezahlt wurden und wie viel das Material an Kosten in Anspruch nahm oder noch nehmen wird. Oftmals sind – ohne Mitwissen der Verwaltung – Strukturen der Organisierten Kriminalität in die Vergabe von öffentlichen Aufträgen involviert. Eventuelle Vorteilsnahme (Korruption) oder sonstige gegenseitige Leistungen werden durch einen möglichen, öffentlichen Imageschaden schon früh begrenzt und sogenanntes „Herrschaftswissen“ – „Expertenwissen“, welches dazu führt, dass Entscheidungen vermeintlich nicht auf direktdemokratische Weise erfolgen können – reduziert. Es entstände eine Gesellschaft, in der alle von politischen und verwaltungstechnischen Entscheidungen Betroffenen nahezu alles wissen dürfen. In einer modernen Demokratie mit viel Bürgerbeteiligung ist dies auch dringend notwendig. Denn nur mit wirklicher Informationsfreiheit und der hürden- und grenzenlos erreichbaren Information, die bisher leider immer noch großteils ausschließlich bei exekutiven Behörden und politischen Entscheidungsträgern liegt, kann auch tatsächliche und faktenorientierte Meinungs- und politische Willensbildung stattfinden. Letztere sind nicht nur für die Wahl politischer Vertretung, sondern auch für direktdemokratische Teilhabe wichtig und sollte zu höherem politischen Interesse und Engagement führen. Wenn die Informationen in eigener Recherche eingeholt werden können und das Handeln von Politik und Verwaltung bis ins letzte Detail nachvollziehbar ist, erhöht dies außerdem die Legitimation und Akzeptanz politischer und verwaltungstechnischer Entscheidungen.

Der neue Gehalt des Transparenzgesetzes im Vergleich zum Informationsfreiheitsgesetz ist der, dass die Verwaltungen, Behörden und Kommunen in die Pflicht genommen werden, nicht erst durch mit Gebühren verbundene Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern, sondern schon von sich aus Informationen kostenlos und für alle einsehbar veröffentlichen müssen. Der entscheidende Unterschied liegt auf der Hand: Einerseits stellt das bisherige Verfahren durch den Aufwand des langwierigen Schriftverkehrs und vor allem die Gebühren eine große Hürde dar. Dadurch bedingt sind politische Entscheidungen oft schon getroffen, bevor den Bürgern Informationen vorliegen. Daraus folgt, dass die Informationen demnach nicht ganz so frei sind, wie sie es sein sollten. Andererseits wären diese Informationen auf diese Weise in digitaler Form frei verfüg- und anonym abrufbar, sodass Bürgerinnen und Bürger sie von überall aus über das Internet ganz simpel mittels eigener Recherche und vor allem kosten- und antragslos abrufen können. Stellt man beispielsweise einen Antrag auf Auskunft nach den Regelungen des bisherigen Landesinformationsfreiheitsgesetzes, ist man dazu gezwungen, für jede weitere aufkommende Frage erneut einzelne Anträge zu stellen. Bei einem in dieser Form geforderten Transparenzgesetz hingegen kann man die Recherche in Eigenregie ohne weitere Hürden fortführen, falls durch die Auskunft erneut Fragen aufkommen. Auch die hierbei gewonnene Anonymität durch das Fehlen einer direkten Kommunikation mit Vertretern von Behörden, ermöglicht ein einfaches Zugreifen auf die öffentlichen Informationen. Das neue Transparenzgesetz wäre daher ein wichtiger Schritt Richtung Open Government. Das Informationsfreiheitsgesetz gibt es bereits in 11 von 16 Bundesländern, das Transparenzgesetz erst in Hamburg und Bremen.