Wahlalter 16: Koalitionsvertrag zügig umsetzen! CDU-Blockade aufgeben!

Mehr Demokratie e.V.
Landesverband Rheinland-Pfalz
21.11.2022

Wahlalter 16: Koalitionsvertrag zügig umsetzen! CDU-Blockade aufgeben! +++ Woche der Wahlalter-Absenkungen: Nach Mecklenburg-Vorpommern beschließt auch Bundestag Wahlalter 16 für EU-Wahlen +++

Anlässlich der Absenkungen des Wahlalters auf 16 Jahre bei Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und bei Wahlen zum Europäischen Parlament fordert der Landesverband Rheinland-Pfalz des Vereins Mehr Demokratie eine Wahlalter-Absenkung für Landtags- und Kommunalwahlen in RLP. Schon im ersten Ampel-Koalitionsvertrag von 2016 forderten die regierenden Parteien eine Absenkung. Bisher ist das Vorhaben immer an der Blockade der CDU gescheitert. Doch zuletzt haben die CDU-Landesverbände NRW und Baden-Württemberg ihre Haltung zum Wahlalter geändert. Im April hatte das grün-schwarz regierte Baden-Württemberg eine entsprechende Verfassungsänderung beschlossen, sodass man dort nun mit 16 Jahren wählen darf. „Die rheinland-pfälzische CDU sollte ihre jahrelange Blockade gegen die Senkung des Wahlalters beenden und die Chance nutzen, um junge, begeisterte Menschen für ihre politischen Ziele zu gewinnen“, so Landesvorsitzender Franz Botens. Die nächste Landtagswahl in Rheinland-Pfalz findet voraussichtlich im März 2026 statt. Da bleibe ausreichend Zeit, Erstwählerinnen und Erstwähler gut zu begleiten. 

In nur fünf Bundesländern gilt nach wie vor sowohl auf kommunaler als auch auf Landesebene das Wahlalter 18, darunter auch Rheinland-Pfalz. Auf kommunaler Ebene erlaubt das Wahlrecht aktuell in elf Bundesländern, bereits mit 16 Jahren an die Wahlurne zu treten. Franz Botens sagt dazu: „Es gibt keinen Grund 16 und 17-jährigen Staatsbürger:innen in Rheinland-Pfalz nicht zu trauen. Die aktuelle Herausforderung richtet sich gerade an die Jugend. Warum überträgt man beispielsweise bei unseren Nachbarn in Baden-Württemberg jungen Menschen die Verantwortung, aber in Rheinland-Pfalz soll das nicht passieren? Jugendliche haben ein großes Interesse an Politik, egal ob auf kommunaler, Landes- oder Bundesebene. Da müssen wir auf die jungen Leute zugehen und ihnen dieses Vertrauen schenken!“ Man müsse auch bedenken, dass bei einer Absenkung des Mindestwahlalters auf 16 Jahre, die Erstwähler und Erstwählerinnen durchschnittlich 18,5 Jahre als sind, wenn sie zum ersten Mal wählen dürfen. Es sind schließlich alle 5 Jahre Landtagswahlen. Bei der nächsten Landtagswahl in Rheinland-Pfalz werden junge Erwachsene, die dann in wenigen Tagen 23 werden, zum ersten Mal wahlberechtigt sein.  

Mecklenburg-Vorpommern ist das sechste Bundesland, in dem nun auch 16- und 17-Jährige den Landtag wählen dürfen. Auch in Berlin steht eine Verfassungsänderung an, die sich nun allerdings durch die Wahlwiederholung verzögert. Bisher können 16- und 17-Jährige in Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein an Landtagswahlen teilnehmen. Anders als in Mecklenburg-Vorpommern, wo das Wahlrecht durch ein einfaches Gesetz geändert werden kann, ist in Rheinland-Pfalz allerdings eine Verfassungsänderung nötig. Hierzu bedarf es einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament. Diese wird ohne die CDU nicht erreicht. 

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Hintergrund:

Der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern beschloss am Mittwoch (09.11.) mit den Stimmen von SPD, Linke, Grüne und FDP, das Wahlalter für Landtagswahlen auf 16 Jahre zu senken. Am Donnerstag (10.11.) wurde im Bundestag eine Absenkung des Wahlalters bei Wahlen zum Europäischen Parlament verabschiedet. Die nächste Europa-Wahl findet im Frühjahr 2024 statt. 

Weiterführende Informationen:

1. Pressemitteilung: Mecklenburg-Vorpommern: Verein Mehr Demokratie begrüßt Senkung des Wahlalters auf Landesebene: https://mevo.mehr-demokratie.de/presse/mecklenburg-vorpommern-verein-mehr-demokratie-begruesst-senkung-des-wahlalters-auf-landesebene 

2.Pressemitteilung: Mehr Demokratie begrüßt Bundestagsbeschluss zum Wahlalter 16: https://www.mehr-demokratie.de/presse/einzelansicht-pms/mehr-demokratie-begruesst-bundestagsbeschluss-zum-wahlalter-16 

3. Pressemitteilung: Rheinland-Pfalz: Direkte Demokratie im Koalitionsvertrag: https://rlp.mehr-demokratie.de/presse/einzelansicht-pms/rheinland-pfalz-direkte-demokratie-im-koalitionsvertrag

4. Pressemitteilung: Mit Baden-Württemberg führt das fünfte Bundesland das Wahlalter 16 für die Landeseben ein: https://www.mehr-demokratie.de/presse/einzelansicht-pms/mit-baden-wuerttemberg-fuehrt-das-fuenfte-bundesland-das-wahlalter-16-fuer-die-landesebene-ein

 

Wahlalter ab 16 in Rheinland-Pfalz

SPD, Grüne und FDP setzen sich im neuen Koalitionsvertrag „Zukunftsvertrag Rheinland-Pfalz“ für die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre bei Kommunal- und Landtagswahlen ein. Außerdem soll geprüft werden, wie eine Teilnahme der EU-Bürgerinnen und -Bürger bei Landtagswahlen ermöglicht werden kann. Das kommunale Wahlrecht wird für Angehörige von Drittstaaten angestrebt.

Das Thema „Wahlalter ab 16“ hat vor allem im letzten Jahrzehnt die deutschen Landtage und Gerichte aber auch den Bundestag beschäftigt. Vereinzelt dürfen Jugendliche bei Kommunalwahlen aber auch bei Landtagswahlen von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. So gibt es in fast allen Ländern das Wahlalter 16 bei Kommunalwahlen. Lediglich in Rheinland-Pfalz, Hessen, Sachsen, Bayern und im Saarland dürfen junge Menschen gar nicht wählen. Bisher wurde das Wahlalter für Landtagwahlen nur in Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Brandenburg gesenkt.

Der neue Koalitionsvertrag begründet das Vorhaben damit, dass „junge Menschen [..] ihre Zukunft mitbestimmen [wollen]“1. Laut Statistischem Landesamt von Rheinland-Pfalz2 hätten über 75.000 16- und 17-jährige durch eine Wahlrechtreform die Möglichkeit wählen zu gehen und damit Verantwortung für die eigene Zukunft zu tragen. Die Bereitschaft der Oppositionsparteien CDU und der Freien Wähler, der Verfassungsänderung zuzustimmen, ist bisher nicht vorhanden. In beiden Regierungsprogrammen wurde mit keinem Wort eine Reform des Wahlrechtes erwähnt. Deswegen wird bei einer Abstimmung zur Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre für Landtagswahlen im Mainzer Landtag mit keiner Zweidrittel-Mehrheit zu rechnen sein.

Für eine Änderung des Wahlalters bei Kommunalwahlen braucht es eine einfache Mehrheit des Landtages. Die Landesregierung hat mit 55 der insgesamt 101 Sitze eine solide Mehrheit, das Kommunalwahlrecht für die nächste Wahl 2024 schnellstmöglich zu ändern. Damit überträgt sie jungen Menschen Verantwortung und erfüllt ein wichtiges Wahlversprechen für unsere Demokratie.

Die 2011 von der rheinland-pfälzischen Landesregierung gegründete Enquete-Kommission „Aktive Bürgerbeteiligung für eine starke Demokratie“ empfiehlt ebenfalls eine Senkung des Wahlalters bei Landtags- und Kommunalwahlen auf 16 Jahre. Einher geht die Stärkung der politischen Bildung an Schulen durch Maßnahmen wie Jugenddialoge, Juniorwahlen und die Förderung schulischer Projekte, die jungen Menschen das Demokratieverständnis erfolgreich vermittelt.

Eine Reform für die Senkung des Wahlalters bei kommunalen Wahlen ist sogar mit dem Grundgesetz vereinbar. Das Demokratieprinzip wird nicht verletzt, da die Gesetzgeber der Länder für die Festlegung des Wahlalters zuständig sind. Auch das Bundesverwaltungsgericht entscheid 2018, dass das Grundgesetz kein Mindestalter für das aktive Wahlrecht bei Kommunalwahlen vorgibt, lediglich für Bundestagswahlen (Art. 38 Abs. 2 GG).

Der rheinland-pfälzische Landesverband von Mehr Demokratie begrüßt das Vorhaben der Landesregierung. Der Boykott der Oppositionsparteien nimmt vielen jungen Menschen die Chance auf eine für sie bestimmte Zukunft und zeigt ihnen nur mangelndes Vertrauen. Der Wunsch nach mehr Mitspracherecht von jungen Menschen und das Gerichtsurteil des Bundesverwaltungsgerichts muss für eine Umdenken aller Parteien in den deutschen Parlamenten führen. 

 

1 Zukunftsvertrag Rheinland-Pfalz – 2021 bis 2026, Koalition des Aufbruchs und der Zukunftschancen, S. 128
2 Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz, Stand: 31.12.2019, https://www.statistik.rlp.de/de/gesellschaft-staat/bevoelkerung-und-gebiet/basisdaten-land/tabelle-4/