Direkte Demokratie: eine Sonderstellung in der rheinland-pfälzischen Verfassung von 1947

von Paul Kittler

Schon seit 1947 sind Volksentscheide in der rheinland-pfälzischen Landesverfassung verankert. Der entsprechende Paragraph ist eindeutig und unmissverständlich. 

Artikel 107 der Landesverfassung:

„Die Gesetzgebung wird ausgeübt

1. durch das Volk im Wege des Volksentscheids,

2. durch den Landtag.“

Den Vätern dieser Verfassung muss es ein besonderes Anliegen gewesen sein, gleich nach dem Krieg beim Aufbau der Demokratie den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zu bieten, bei der Gesetzgebung mitzuwirken. Auffallend ist, dass das Volk zuerst genannt ist. Damit sollte gezeigt werden, dass das Volk Träger aller Staatsgewalt ist und das Parlament ein von ihm bestelltes Organ; siehe auch § 20 (2) des Grundgesetzes von Deutschland. 

Artikel 109 der Landesverfassung:

„Volksbegehren können darauf gerichtet werden, Gesetze zu erlassen, zu ändern oder auf- zuheben.“

 

Ein großes Problem:

Ob und wie oft von dem Instrument „Volksentscheid“ Gebrauch gemacht wird, ist wesentlich abhängig a) von dem allgemeinen politischen Klima und b) von den gesetzlich verankerten Hürden für die Durchführung von Volksentscheiden.

a) Die Bürgerinnen und Bürger haben die Demokratie insbesondere nach der Hitler-Diktatur ausgiebig kennen und schätzen gelernt. Das Interesse, Verantwortung für politische Ent-scheidungen zu übernehmen, ist danach erst langsam entstanden. Heute stellt Omniquest fest, dass sich 81,5% (Nov. 2010) der Bundesbürger für landesweite Volksabstimmungen aussprechen.

b) Die Väter der Verfassung hatten es 1947 sehr schwer, einzuschätzen, wie hoch die Hürden eingestellt werden müssten. Verständlich, dass sie deshalb sehr vorsichtig waren.

Aber heute, nach 64 Jahren, muss endlich an den Stellschrauben deutlich gedreht werden. Es wäre heute beschämend für das Parlament, hier weiterhin wegzugucken. Und fahrlässig, wenn der Druck nach Weiterentwicklung der Demokratie durch Mitbestimmung zu groß wird.