Mehr Klimaschutz durch weniger Demokratie?

Schwarz-Grün in Schleswig-Holstein will Bürgerbegehren zu Bauleitplanungen verbieten. Doch das dient nicht dem Klimaschutz. Mehr Demokratie e.V. will die direkte Demokratie „mit Hilfe der direkten Demokratie verteidigen“ ++++

Die schwarz-grüne Mehrheit im Kieler Landtag will die Bedingungen für Bürgerbegehren verschlechtern. Das ergibt sich aus dem Koalitionsvertrag. Heute begrüßen CDU- und Grünen-Fraktion per Landtags-Resolution den von der Landesregierung angekündigten Gesetzentwurf zur Neujustierung der Instrumente Bürgerbegehren und Bürgerentscheid auf kommunaler Ebene. „Ein wichtiger Schritt in die falsche Richtung“, so Karl-Martin Hentschel, Bundesvorstand des Fachverbandes Mehr Demokratie. Heute um 16 Uhr steht der Top auf der Tagesordnung des Landtags.

Kern der geplanten Reform ist eine Generalklausel. Sie soll die direkte Demokratie in Schleswig-Holsteins Kommunen ausbremsen, ärgert sich Hentschel. „Bei Themen, die der Landesregierung nicht passen, sollen Bürgerbegehren schlicht verboten werden können“, so der ehemalige Landtagsabgeordnete. In Baden-Württemberg fordert der Gemeindetag bereits, die geplante Regelung zu übernehmen. „Schleswig-Holstein droht zu einem schlechten Vorbild zu werden“, so Hentschel. 

Konkret soll die Landesregierung das Recht bekommen, Bürgerbegehren gegen Bauleitplanungen für unzulässig zu erklären, wenn das Vorhaben von landes- oder bundespolitischer Bedeutung ist. Die daraus resultierenden Themen-Tabus beträfen Bürgerbegehren zu Bauvorhaben, Straßenbau, Windkraftwerke und Solaranlagen. Die geplante Generalklausel erwähnt insbesondere „Projekte, die der Erreichung der Klimaziele der Landesregierung dienen“.

Doch die Generalklausel würde nicht zu einem besseren Klimaschutz führen, analysiert der Buchautor Hentschel („Handbuch Klimaschutz“). „Die meisten Bürgerbegehren mit Klima-Thematik positionieren sich pro Klimaschutz – so viele Begehren, die eine kommunale Klimaschutzplanung oder den Ausbau des Fahrradnetzes und des ÖPNV fordern. Die wenigen Bürgerbegehren gegen Klimaschutz werden von den Bürgerinnen und Bürgern meist abgelehnt. Ist ein gegen Klimaschutzmaßnahmen gerichtetes Bürgerbegehren ausnahmsweise erfolgreich, dann spiegelt sich darin in der Regel ein lokaler Konflikt wider. Doch lokale Konflikte werden nicht per Order von oben gelöst. Konflikte müssen ausgetragen werden – und notfalls muss die Bevölkerung entscheiden dürfen.“

Hentschel kündigte Widerstand gegen das geplante Gesetz an. „Wir werden die direkte Demokratie mit Hilfe der direkten Demokratie verteidigen. Wir bereiten ein breites Bündnis vor mit dem Ziel einer Volksinitiative.“ Sie wäre der erste Schritt auf dem Weg zu einem Volksentscheid gegen das potenzielle Gesetz. Mitunter seien Volksinitiativen aber auch ohne einen Volksentscheid erfolgreich, weil sie politischen Druck aufbauen und dazu führen, dass Politikerinnen und Politiker verhandlungsbereit werden.

+++ Der Text der geplanten Generalklausel laut schwarz-grünem Koalitionsvertrag (S. 83):

„Ein Bürgerbegehren findet nicht statt über Entscheidungen in Selbstverwaltungsaufgaben, die nach Feststellung der Landesregierung unverzichtbare Voraussetzung für Infrastruktur- oder Investitionsvorhaben von landes- oder bundesweiter Bedeutung für die Versorgung der Bevölkerung mit wichtigen Gütern oder Dienstleistungen sind oder Projekte, die der Erreichung der Klimaziele der Landesregierung dienen. Die Feststellung der Landesregierung kann auf Antrag einer obersten Landesbehörde für eine einzelne Gemeinde oder mehrere Gemeinden getroffen werden.”

Kontakt:

Karl-Martin Hentschel 

Bundesvorstand Mehr Demokratie e.V.

Fon: 0151 59084268