SPD:
Vielleicht, Wir wollen mehr Bürgerbeteiligung. Mit dem Wandel der Gesellschaft wandeln sich auch die Partizipazionsbedürfnisse der Menschen. Diese Entwicklungen müssen wir im Blick haben, um geeignet darauf reagieren zu können.
Wir haben den Bürgerinnen und Bürgern bei zentralen Zukunftsentscheidungen vor Ort und im Land mehr Beteiligungs- und Entscheidungsmöglichkeiten geschaffen. Diese getroffenen Maßnahmen wollen wir wirken lassen bevor über weitere Schritte nachgedacht werden soll.
CDU:
Nein, Die parlamentarische Demokratie hat sich bewährt, gerade in der Krise.
Bündnis 90/Die Grünen:
Ja, Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie sind wichtige Elemente gelebter Demokratie. Vor Ort oder auf Landesebene sollen alle durch qualitativ hochwertige Beteiligung mitgenommen werden. Um Brücken zwischen Parlament und Bürger*innen zu bauen, sind Begleitkreise mit ausgelosten Bürger*innen für konkrete Reformprozesse eine Möglichkeit. Wir GRÜNE sind auch offen für Elemente der direkten Demokratie und möchten die Hürden für Volksbegehren sowie Volksentscheide absenken.
Die Ergebnisse der Enquete-Kommission zur Untersuchung der verschiedenen Möglichkeiten der aktiven Bürgerbeteiligung halten wir nach wie vor für richtungsweisend. In 2015 hat die Koalition im Landtag, unter Beteiligung der GRÜNEN, ein Gesetz zur Erleichterung von Volksbegehren auf den Weg gebracht. Mit dem Gesetz wurden Empfehlungen von der Enquete-Kommission, wie beispielsweise die Möglichkeit der anteiligen Kostenerstattung, umgesetzt. Dass die Ergebnisse der Enquete-Kommission nicht umgesetzt wurden, stimmt daher nicht. Bislang wurden aber nicht alle Empfehlungen umgesetzt, daher besteht aus GRÜNER Sicht noch viel Luft nach oben.
FDP:
Vielleicht, Die Demokratie lebt von engagierten Bürgerinnen und Bürger, die jenseits der Teilnahme an Wahlen mitbestimmen können. Wir Freien Demokraten werden in der nächsten Legislaturperiode den Ausbau weiterer Instrumente der direkten Demokratie prüfen.
Die Linke:
Ja, Die rheinland-pfälzische Gemeinde- und Landkreisordnungen sind durch Misstrauen gegenüber den Menschen, die Angst vor direkter Bürgerbeteiligung und blindem Vertrauen in die Träger parlamentarischer Macht bestimmt. Deutlich wird dies in den nahezu unüberwindlichen Hürden für Bürger*innenbegehren. Demnach müssen bis zu 10 Prozent der Bürger*innen ein Begehren unterschreiben, ansonsten findet keine Abstimmung statt. Wir wollen eine Absenkung auf 4 Prozent der Wahlberechtigten erreichen.
AfD:
Ja, Als AfD sprechen wir uns in unserem Landtagswahlprogramm für eine Senkung der Volksbegehrenshürde in der Landesverfassung aus. Die Hürden für Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide sind in Rheinland-Pfalz so hoch, dass direkte Demokratie faktisch verhindert wird. So müssen für eine Volksinitiative 30.000 Unterschriften, für ein initiierendes Volksbegehren 300.000 Unterschriften in zwei Monaten und für ein fakultatives Volksbegehren 150.000 Unterschriften in einem Monat auf dem Wege der amtlichen Eintragung gesammelt werden. Die Anzahl der Unterschriften ist stattdessen für alle Verfahren auf jeweils ein Drittel zu verringern, während die Eintragungsfristen bei Volksbegehren auf sechs Monate bzw. ein Jahr zu verlängern sind. In diesem Sinne haben wir seit 2016 zwei Gesetzentwürfe für eine Senkung der Volksbegehrenshürde in der Landesverfassung in den Landtag eingebracht, die von allen anderen Fraktionen abgelehnt wurden.
Freie Wähler:
Ja, Die Vergangenheit zeigt, dass mit den bestehenden Hürden Volksbegehren wirksam verhindert wurden. Hier besteht dringender Handlungsbedarf.
Piraten:
Ja, Bisher wurde in Rheinland-Pfalz noch nie ein landesweiter Volksentscheid durchgeführt. Wir wollen daher die Hürden dafür senken. Die Sammelfrist für Unterschriften wird von bisher zwei auf künftig sechs Monate verlängert, die Zahl der notwendigen Unterschriften wollen wir von jetzt 300.000 auf 100.000 verringern.
VOLT:
Ja. Wir erleben besonders auf der kommunalen Ebene, dass sich viele hoch motivierte und oft auch hoch qualifizierte Bürger*innen in Bürgerbewegungen engagieren. Diese Anliegen werden dann auch in Volksinitiativen formalisiert auf den Weg gebracht, scheitern dann aber viel zu oft an dem Beharrungsverhalten der örtlichen Politik oder an nicht öffentlichen Sitzungen. Problematisch sehen wir auch die Praxis, ähnlich wie im Brexit, dass eine öffentliche Abstimmung mit der einfachen Auswahl ja oder nein durchgeführt wird, mit der dann bereits hart errungene Meinungsbildungen außerparlamentarisch wieder gekippt werden. Diese Abstimmungen finden häufig unter dem Vorwand der Bürgerbeteiligung statt, jedoch werden die Fragen oft so gestellt, dass das “gewünschte” Ergebnis herauskommt, zu welchem sich die Parlamentarier oft selbst nicht öffentlich durchringen können. Das Verfahren der Volksinitiativen muss so fortentwickelt werden, so dass die parlamentarische Zuständigkeit nicht außer Kraft gesetzt wird. Die Entscheidungen müssen immer das Gemeinwohl berücksichtigen und nicht auf Partikularinteressen abzielen.
Die bisherigen Verfahrensweisen erzeugen einen sehr hohen Frustrationspegel und Politikverdrossenheit. Das führt oft zu weiteren politischen Abspaltungen in den Kommunen, da die berechtigten Anliegen von den etablierten Parteien leider viel zu oft nicht ernsthaft behandelt werden. Für viele Menschen ist die Politik im Alltag daher nicht mehr spürbar, immer weniger junge Menschen engagieren sich aktiv in der Politik - Volt ist hier eine Ausnahme. Im Bereich der Volksinitiativen plädieren wir für eine Herabsetzung auf 15.000 Stimmberechtigte und die Änderung der Kommunalverfassung, so dass die Anhörungen und Beschlussfassungen zu diesen Initiativen in öffentlichen Sitzungen stattfinden müssen. Ob mit der Absenkung der Hürde von 30 auf 15T auch eine thematische Begrenzung der Volksinitiativen stattfinden muss, da u.a. die im Grundgesetz verankerte Selbstverwaltung der Kommunen mittels Volksinitiativen nicht ausgehöhlt werden darf, sollte im Landtag zur Diskussion gestellt werden. Volksinitiativen zur Stärkung des Gemeinwohls und der Klimaziele sollten grundsätzlich unterstützt werden.
Das Instrument der Volksbegehren muss u.E. als gescheitert erklärt werden und dient letztendlich nur noch als pseudo-demokratisches Feigenblatt. Der Slogan von Willy Brandt: “Mehr Demokratie wagen” ist praktisch seit den 70’er Jahren nicht wirklich fortentwickelt oder umgesetzt worden. Das konnte nur so lange funktionieren, wie die beiden großen “Volksparteien” die Wähler praktisch unter sich aufteilen konnten. Dieses Geschäftsmodell funktioniert seit der Wiedervereinigung schon lange nicht mehr und dieses Demokratiedefizit führt inzwischen auch zur Gefährdung der demokratischen Grundordnung. Während das Schweizer Modell des Volksentscheides u.E. in Deutschland aus verschiedenen Gründen nach unserer Auffassung nicht in Frage kommt, so sehen wir großes Potential in den neuen Formen der Bürgerbeteiligungen - von befristeten Bürgerparlamenten bis hin zu Bürgerforen, um dieses Demokratiedefizit abzubauen und den politischen Diskurs wieder in die Breite zu bringen. Volt wird sich dafür einsetzen, dass z.B. das Instrument der Bürger Räte nach irischem Modell in Rheinland-Pfalz eingesetzt wird. Die Erfahrungen mit diesen neuen Formen der Beteiligung zeigen, dass schwierige gesellschaftliche Fragen zu einer guten Lösung gebracht werden können und somit auch die parlamentarische Demokratie gestärkt werden kann. Wir können uns vorstellen, dass nahezu alle Fragen, die in der Zuständigkeit des Landes liegen, mit neuen, demokratischen Mitbestimmungsmethoden unterstützt werden könnten. Zum Beispiel die umstrittene Gebietsreform, die aktuell im Land Rheinland-Pfalz ansteht.